Einführung von Shahla Aghapour zur Ausstellung »Nomadenkunst« - ART-Galerie-Benakohell

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Einführung von Shahla Aghapour zur Ausstellung »Nomadenkunst«

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Meine Damen und Herren, auch ich möchte Sie herzlich begrüßen und Ihnen ein klein wenig unsere Ausstellung „Nomadenkunst“ näherbringen.


Die Anfertigung von Teppichen und anderen Geweben ist ein im Orient überall weit verbreitetes seit über 1000 Jahren gepflegtes Handwerk. Die meisten der ausgestellten Stücke stammen aus Persien und Azerbaidschan bzw. dem Kaukasus - einige wenige auch aus Zentralasien und Vorderindien.
Es handelt sich hier ausschließlich um Handgeknüpfte oder Handgewebte Stücke die meist ein Alter von 50 bis über 100 Jahren aufweisen.
Verwendung fanden fast ausschließlich Naturfarben und Materialien wie Wolle und teilweise Baumwolle und Seide. Als Antik bezeichnet man Stücke die 100 Jahre oder älter sind und als Semi-Antik Stücke zwischen 70 und 100 Jahren. Als Alt werden Stücke zwischen 50 und 70 Jahren bezeichnet, jüngere gelten als neu.
Ich möchte Ihnen kurz zu den ausgestellten Stücken einige Informationen geben:

Als erstes betrachten wir einen gut erhaltenen alten Susani-Wandbehang aus Vorderindien, der etwa 80 Jahre alt ist. Es handelt sich dabei um ein Grundgewebe, das im Patchwork-Stil mit vielen kleinen Einzelteilen belegt wurde. Diese Teile wiederum zeigen mannigfaltige kleine Verzierungen aus Gold und Silberfäden sowie Spiegelstücken.

Unser zweites Exponat ist ein aus Azerbaidschan stammender JIJIM aus dem 19. Jahrhundert. Typisch für diese besondere Form eines Kelim-Flachgewebes ist das Streifenmuster und die etwas andere Webtechnik des meist im südlichen Kaukasus gefertigten Stückes. Bei der meist von Nomaden verwendeten Jijim-Technik werden auf kleinen transportablen Webstühlen einzelne schmale Bahnen gewebt, die dann später zu einem großen Gewebe vernäht werden. Häufig wird dabei auch Seide verwandt.
Dieses Exponat hat für mich eine besondere Bedeutung, da es schon ein Geschenk meiner Urgroßmutter zur Hochzeit meiner Großmutter war. Es wurde benutzt als Abdeckung für einen Korsi, einen in iranisch Azerbaidschan verbreiteten Wärmetisch unter dem die Familie oder die Gäste im Winter ihre Füße an einer Kohleglut wärmten.

Der kleine Teppich ist ein antiker Shirwan-Kazak aus dem azerbaidschanischen Bergland.
Bei einem Teppich werden einzelne kurze Fäden die später den Floor bilden in die Kettfäden eingeknotet und dann durch den Schussfaden voneinander getrennt. Je nach Region werden viele verschiedene Knotentypen unterschieden. Die Qualität wird dabei auch durch die Anzahl der Knoten und das verwendete Material, also z.B. Wolle oder Seide bestimmt.

Hier unten sehen Sie zwei Mafrash in Sumagh-Technik. Es handelt sich dabei um Gewebe, die von Nomaden als Kinderwiegen und Transportbehältnisse oder auch zur Abdeckung von Kästen und Truhen verwendet wurden.
Bei der Sumak-Technik werden die Musterfäden um die Kettfäden geschlungen und anschließend ein Schussfaden eingewebt, wodurch ein Untergrundflor entsteht, der dem Teppich besondere Isolationsfähigkeit gibt. Sumakteppiche wurden deshalb auch gerne als Material zur Erstellung von Wiegen oder zur Isolation gegen den Wüstenboden verwendet.

Hier ein weiterer antiker, schon stark abgenutzter Teppich, auch ein Shirwan-Kazak aus Azerbaidschan.
Als Kazak werden kaukasische Hochland-Gewebe mit stark geometrischen, gleichmäßigen, oft auch groben Mustern bezeichnet.

Bei dem großen über der Treppe hängenden und fein gewebten semi-antiken Kelim und dem ganz ähnlichen hinter Ihnen über einem Gestell ausgebreiteten Kelim handelt es sich um aus dem nördlichen Azerbaidschan stammende Stern-Kasak.
Bei einem Kelim wird der Schussfaden so eingewebt, dass er auf beiden Seiten des Gewebes das Muster bildet. Bei einem Schlitzkelim wird der Lauf des Schussfadens zur Musterbildung an bestimmten Stellen umgekehrt, so dass die typischen Schlitze entstehen. Diese Art der Herstellung ist insbesondere im Kaukasusgebiet, dem Iran und Kleinasien, seltener auch Zentralasien beheimatet.

Der schmale antike Kelim neben der Tür, der wohl als Pferdedecke diente, stammt aus Zentralasien, möglicherweise Buchara.

Auf dem Stuhl neben der Treppe sehen sie eine semi-antike Satteltasche, eine Khorjin aus Azerbaidschan, die in Sumak-Technik gearbeitet ist.

Der große in gelben Farbtönen gewebte semi-antike Kelim ist ein von den Gashgai Nomaden der persischen Region Fars gewebtes Stück.  

Daneben der fein gearbeitete semi-antike Streifen-Kelim stammt aus Daghestan nördlich von Azerbaidschan gelegen.

Der alte Teppich über dem Gestell vor der Tür stammt aus Azerbaidschan.

Bei dem langen Teppich an der Wand zwischen den Türen handelt es sich um eines meiner Lieblingsstücke, einen antiken Shirwan-Kazak aus Azerbaidschan.

Darunter sehen sie einen weiteren alten Mafrash in sehr gutem Zustand.

Der über das kleine Tischchen gehängte semi-antike Gebetsteppich ist ebenfalls ein Shirwan-Kazak.

Neben der Tür sehen Sie einen Adler-Kasak Teppich aus dem heute zwischen Armenien und Azerbaidschan umstrittenen Karabagh.

Davor unten der zweite schon erwähnte Stern-Kasak Kelim.

Daneben am Fenster ein semi-antiker Teppich vermutlich aus Buchara in Usbekistan.

Vor dem Fenster sehen Sie noch einen weiteren gut erhaltenen semi-antiken Mafrash.

In unserem Seitenraum direkt hinter dem Durchgang können sie einen schönen sehr feinen vom Turkmenischen Stamm der Tekke gewebten antiken Teppich sehen.

Daneben finden sie im Nebenraum noch eine Satteltasche eine Khorjin aus Azerbaidschan und ebenfalls aus dem Azerbaidschanischen Baku einen Teppich.

Der hier im Raum auf dem Boden ausgelegte Kelim stammt aus Täbriz im iranischen Azerbaidschan.

Wenn Sie sich über Technik, Motive und Herkunftsorte weiter informieren möchten, können Sie auch gerne einen Blick in die ausgelegten Fachbücher über Orientteppiche werfen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!



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